Gereimtes und Ungereimtes

 

 

Gedichte und Verstehen haben nichts miteinander zu tun

Gottfried Benn (1886-1956)

 

 

 

Elfchen auf Reisen

 

Ein Elfchen ist ein kurzes Gedicht in einer vorgegebenen Form. Es besteht aus elf Wörtern, die in festgelegter Folge (1-2-3-4-1) auf fünf Zeilen verteilt werden. Dabei wird für jede Zeile eine Anforderung formuliert, die variiert werden kann.

Beispiel für die Anforderungen:

1. Farbe oder Eigenschaft

2. Person oder Gegenstand mit dieser Farbe oder Eigenschaft

3. mehr über diese Person oder den Gegenstand: wie ist er? wo ist er? was tut er?

4. etwas über mich selbst

 

5. abschließendes Wort, Gedanke, Gefühl, Stimmung …

 

 

Hier einige meiner Reiseerlebnisse in Elfchen:

 

 

 

Gaspésie

 

Verwittert

Der Picknicktisch

In einsamer Bucht

Gespräch mit dem Raben

 

Indianersommer

 

Rio Negro

 

Geheimnisvoll

Der Wald

Spiegelnd im Wasser

Lautlos treibt mein Kanu 

 

Zauberwelt

 

Indien

 

Rot

Das Pulver

Auf meiner Stirn

Ich verlasse den Tempel

 

Dazugehört

 

Costa Rica

 

Schlammig

Die Fluten

Krokodile am Ufer

Ich besteige das Boot

 

Abenteuer

 

Insel Rügen

 

Gelbblühend

Der Raps

Wohlriechend am Wegrand

Ich gehe und gehe

 

Wanderlust

 

Spitzbergen

 

Mystisch

Der Liefdefjord

Am frühen Morgen

Ich stehe am Bug

 

Verzauberung



Fundstücke. Reisegedichte

 

Im Alter von 12 Jahren fing ich an, auf meinen Touren mit den Pfadfindern erste, dreizeilige Gedichte zu schreiben.

 

Hier einige Kostproben aus den Jahren 1963 bis 1965:

Manderscheid 1965. Links die Autorin
Manderscheid 1965. Links die Autorin

Cochem

Mosel wiegt bunte Schiffe,

Bäume biegen sich sacht.

Sonne lacht froh vom Himmel.

 

Bendorf

Mädchen sitzen im Kreise,

Lagerfeuer lohet empor.

Dunkelheit steht über den Tannen.

 

Koblenz

Feste Mauern grüßen von oben.

Rhein trägt schwerbeladene Schiffe.

Glocken läuten in der Ferne.

 

Bernkastel

Burg grüßt vorbeifließende Mosel

Fachwerkhäuser blinzeln in die Mittagssonne

Brunnen auf dem Marktplatz plätschert leise.

 

 


Meine erste "richtige" Reise ging 1970 an die Costa Dorada. Von hier brachte ich folgende Dreizeiler mit:

Torredembarra 1970. Die Autorin beim Versuch eines Flamencos
Torredembarra 1970. Die Autorin beim Versuch eines Flamencos

Spanische Impressionen

 

Grau-blauer Morgen.

Meereswellen rauschen dunkel.

Masten stöhnen im Wind.

 

Flimmernde Sonne atmet heiß.

Steinige Felder sprühen Staub.

In der Ferne ein Turm.

 

Glitzerndes Wasser springt gegen Klippen.

Dämmerlicht schweigt geheimnisvoll.

Am Himmel ein Fischerboot.

 

Grauer Himmel.

Die Sonne, ein himbeerfarbender Ball.

Kälte kriecht über den Sand.


Folgendes Gedicht ist aus dem Jahr 1972 und beschreibt meiner Meinung nach besonders gut meine Reiselust und mein Interesse an der Welt 

die Autorin 1974 in Griechenland
die Autorin 1974 in Griechenland

Komm mit mir

 

Komm mit mir,

ich nehme dich an die Hand

und zeige dir

stille Täler und hohe Gebirge,

das rauschende Meer

und den Sonnenuntergang.

 

Du wirst den Adlerschrei hören

und das Rauschen der Wipfel.

Den Ruf des Muezzins von der Moschee

und den Klang der Urwaldtrommeln.

 

Du wirst Tintenfisch essen

und Ziegenmilch trinken

oder vielleicht auch Tequila.

Mit Fischern plaudern

und dem Nachtwind lauschen

oder dem Schrei der Hyäne.

Du wirst Berge besteigen

und Flüsse durchschwimmen,

durch Tempel wandern

und den Urwald Amazoniens.

 

Komm mit mir,

ich zeige dir Kaimane und Löwen,

Schlangen und Moskitos.

Sie werden dir nichts tun.

 

Komm mit mir


 

... und hier noch ein Fragment aus dem Jahr 1999:

   

Wenn ich wiedergeboren werde

dann bitte in der Vergangenheit!

Ich könnte

- ein Mönch in Tibet sein

- den Nil erforschen

- eine Karawane durch die Sahara führen

- als Trapper in Alaska leben

- oder als Maharaja in Rajasthan.

 

Was ist Zeit???

 

 


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